In den vergangenen 22 Monaten mussten Berlins Schüler:innen massive Einschränkungen hinnehmen, auch aufgrund von Entscheidungen des Berliner Senats. Sie haben ein hohes Maß an Solidarität gegenüber Erwachsenen und vulnerablen Gruppen gezeigt. Das ging in erheblichem Maße auf Kosten von Freundschaften, schulischen und freizeitlichen Aktivitäten sowie ihrer psychischen Gesundheit. Das pädagogische Personal in den Schulen leistet sehr viel für unsere Kinder. Von ihm wird eine enorme Flexibilität unter Einsatz der eigenen Gesundheit abverlangt. Die Belastung ist vor allem dann enorm, wenn die Lehrenden und Erziehenden selbst schul- und betreuungspflichtige Familienmitglieder haben. Das ist nicht selbstverständlich und dafür sind wir sehr dankbar!

Mit den ersten digitalen Formaten, den Selbsttests und den seit einigen Wochen möglichen Impfungen der jüngeren Schulkinder gibt es inzwischen wichtige Schritte im Kampf gegen Sars-Cov-2. Die Folgen für unsere Kinder und Jugendlichen zeigen jedoch deutlich, dass das nicht ausreicht. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Bildung. Genauso haben sie ein Recht darauf, so unterrichtet zu werden, dass davon keine Gefahr für ihre Gesundheit ausgeht. In der aktuellen politischen Kommunikation können wir jedoch nicht erkennen, dass hier sorgfältig abgewogen wird:

  • In ihrem jüngsten Beschluss stellte die Kultusministerkonferenz (KMK) fest: „Die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs ist für Kinder und Jugendliche systemrelevant und darüber hinaus eine Grundlage für die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit anderer kritischer Infrastrukturen.“ Was im ersten Augenblick nach Priorisierung klingt, zielt stark darauf ab, dass Eltern arbeitsfähig bleiben, indem sie ihre Kinder zur Betreuung in die Schulen schicken. Hier geht es gar nicht so sehr um die Schüler:innen!
  • Unabhängig davon, wie Eltern sich in Bezug auf die Impfung ihrer Kinder entscheiden, haben ALLE Kinder einen Anspruch auf bestmöglichen Gesundheitsschutz in der Schule. Das gilt besonders für die Gruppe der Grundschüler:innen, die zum aktuellen Zeitpunkt noch kaum geimpft sein können und weit überwiegend nicht sind.
  • Die politische Kommunikation zum Thema Impfen der 5- bis 11-jährigen ist extrem widersprüchlich: Die KMK ruft Eltern dazu auf, ihre Kinder impfen zu lassen, obwohl die STIKO für diese Altersgruppe bisher nur eine eingeschränkte Impfempfehlung abgibt. Deswegen impfen viele Kinderärzte nicht oder nur zögerlich. Die Impfaktionen in den Bezirken wurden kurz nach dem Start wieder eingestellt.
  • Die berechtigte Sorge vieler Eltern, was Long Covid für Kinder bedeuten kann, wird kaum diskutiert. Auch bei asymptomatischen oder milden Verläufen von Covid-19 ist bisher vollkommen unklar, welche Folgen hier zu erwarten sind. Eltern sind aber auch hier zum Schutz ihrer Kinder verpflichtet.
  • Das alles führt dazu, dass Familien verunsichert sind und sich alleingelassen fühlen.

Die aktuellen Infektionszahlen und die dazugehörige Kommunikation von SenBJF sind darauf ausgelegt, die Situation an Schulen zu verharmlosen. Über 6.900 gleichzeitig infizierte Schüler:innen und fast 800 PCR-positiven Pädagog:innen sowie 207 geschlossene Lerngruppen sind nur der Stand vom 14. Januar. Die großen Zahlen der Kontaktpersonen in Quarantäne werden gar nicht veröffentlicht. Und dennoch sind 98% der Schulen in Stufe „Grün“ - das ist für niemanden mehr nachvollziehbar!

Wir fordern daher die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie Astrid Sabine Busse auf, die Berliner Schüler:innen endlich in den Fokus zu nehmen. Im Mittelpunkt ihres Handelns muss stehen:

  • Sichere Schule: Mit der S3-Leitlinie, die durch das RKI und wissenschaftliche Expert:innen erstellt wurde, sind alle Maßnahmen für einen sicheren Schulbetrieb bekannt. Stufe „Grün“ setzt jedoch entscheidende Punkte nicht um (Kohortierung, Wechselunterricht, weitere Maßnahmen im Musik- und Sportunterricht). Daher ist die umgehende und vollständige Umsetzung der Leitlinie zentral.
  • Mund-Nase-Bedeckung: Schulen sollten ausreichend Masken für alle Schüler:innen bereitstellen. Für diejenigen, die dies wollen, sollten auch passende FFP2-Masken bereitstehen. Deren Anschaffung belastet alle Familien finanziell erheblich.
  • Weiterhin tägliche Tests: Die tägliche Testung in der Schule ist eine wichtige Möglichkeit, Infektionen schnell zu entdecken. Hierbei muss umgehend zum täglichen Rhythmus zurückgekehrt werden.
  • Flexibilität ermöglichen: Schulen müssen die Möglichkeit erhalten, unkompliziert flexible Unterrichtsmodelle zu nutzen. Dies bietet große Chancen, die unterschiedlichen Bedürfnisse von Schüler*innen und Familien, Pädagog*innen und Schulstandort aufeinander abzustimmen.
  • Soziale Herausforderungen auffangen: Die Pandemie führt zu großen psychosozialen Problemen bei Schüler:innen und in Schulen. Um sie aufzufangen und lösen zu können, müssen ausreichend Gelder und zusätzliches Personal zur Verfügung stehen und therapeutische Angebote in den Schulen geschaffen werden. „Stark trotz Corona“ leistet dies nur ansatzweise.

Wir unterscheiden nicht zwischen „Kindern mit Vorerkrankung“, „wenigen Kindern“ oder den „meisten Kindern“. Die Corona-Pandemie und ihre Folgen betrifft alle Kinder und Jugendlichen gleichermaßen. Alle sind erschöpft von verwirrenden Entscheidungen und vom zögerlichen Handeln der Verantwortlichen - Familien mit Kindern ganz besonders. Es ist die Aufgabe der Berliner Politik und der Schulverwaltung, endlich die Voraussetzungen zu schaffen, damit unsere Kinder körperlich und geistig unversehrt durch diese Pandemie kommen!

Dass Kinder selten schwer an Covid-19 erkranken oder gar daran sterben, darf kein Grund dafür sein, die Schüler:innen dem Risiko einer Ansteckung bewusst auszusetzen und eine Durchseuchung der Schulen in Kauf zu nehmen. Wenn das aber politischer Wille ist, erwarten wir so viel Ehrlichkeit, dass es von den Verantwortlichen auch ausgesprochen wird!

Kommunizieren Sie ehrlich die Fakten und schützen Sie unsere Kinder! Hören Sie auf, das lähmende und zermürbende Gefühl in der Elternschaft nach zwei Jahren Pandemie weiter auszunutzen!
Übernehmen Sie Verantwortung und handeln Sie - für die Bildung und den Gesundheitsschutz der Kinder!

 

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