Zoff um die Auslegung der Bildungsstudie

Das Abgeordnetenhaus hat über die Ländervergleichsstudie der Kultusministerkonferenz debattiert. Während die einen sich in ihrer Politik bestätigt sehen, halten die anderen sie für einen Beleg des Versagens.

So unterschiedlich interpretieren Berliner Bildungspolitiker die Ergebnisse der jüngst veröffentlichten Ländervergleichstudie: Bildungssenator Jürgen Zöllner liest daraus, „dass wir grundsätzlich auf dem richtigen Weg sind“ – vor allem mit den hohen Investitionen in Kitas und Schulreformen. Die SPD-Abgeordnete Sandra Scheeres behauptet, es sei „absoluter Quatsch“ zu behaupten, dass das viele investierte Geld irgendwo im System versickere und jedenfalls nicht bei den Kindern in Gestalt von Bildungsangeboten ankomme. Der Bildungsfachmann der Linken, Steffen Zillich, sieht in Berlin immerhin das bundesweite höchste Maß an „Gerechtigkeit“ der Bildungschancen erreicht. Das ist die eine Erkenntnis aus der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses über das Bildungssystem.

Die andere besteht darin, dass rot-rote Bildungspolitiker die Studie der Kultusministerkonferenz (KMK) komplett anders verstanden haben als die Bildungspolitiker der Opposition. Einig war man sich nur darüber, dass die KMK dem Berliner Senat bescheinigt hat, so viel Geld in die Bildung zu pumpen wie kein anderes Bundesland. Der Grünen-Bildungspolitiker Özcan Mutlu brachte das fundamentale bildungspolitische Missverständnis zwischen Regierung und Opposition zum Ausdruck: Er habe sich im falschen Film geglaubt, als er hörte, dass ausgerechnet Rot-Rot über Bildungspolitik debattieren wollte, nachdem die Studie gezeigt habe, dass 15-jährige Berliner Schüler in vielen Kompetenzen bundesweit auf den untersten Rängen liegen.

Die Koalition aber, so Mutlu, nutzte die Debatte, „um sich selbst zu preisen“. Dabei sei das Ergebnis der Studie „beschämend“ und ein Ausweis der Mängel des Berliner Schulsystems. Wie Mutlu erinnerten auch die Bildungspolitiker Andreas Statzkowski (CDU) und Mieke Senftleben (FDP) daran, dass diese Studie wie viele zuvor die Ergebnisse einer Bildungspolitik bewerteten, die die SPD zu verantworten habe. Trotz aller Bemühungen um die Kitas und die frühkindliche Bildung spreche ein Viertel der Erstklässler so schlecht Deutsch, dass die Kinder dem Unterricht nicht folgen könnten, sagte Senftleben. „Seit Pisa geht es immer nur abwärts“, kritisierte die FDP-Abgeordnete: „trotz hohere Investitionen“. Und Drittklässler seien angeblich nicht fähig, die Aufgaben des bundesweiten Vergleichstests „Vera“ zu verstehen, sagte Senftleben in Anspielung auf den letzten, nur Wochen zurückliegenden Fundamentalstreit über die Berliner Schulpolitik.

So negativ hatte Zöllner die Studie nicht gelesen. Sie belege „objektiv“ die Richtigkeit der Reformen schon in der Kita, etwa die Sprachlerntagebücher für Kinder mit Sprachproblemen. Die nun ausgewerteten Daten bezögen sich, so Zöllner, auf Kinder, die 2001 eingeschult worden seien, mithin von den Verbesserung der Kita-Bildung noch nicht profitieren konnten.

Doch sagte Zöllner, er wolle „nichts schön reden. Wir müssen unsere Schülerinnen und Schüler noch besser fördern.“ Nun will er den Schulen ein „Qualitätspaket“ anbieten, ein „Qualitätsmanagementsystem“. Damit Schulleiter und Lehrer erkennen können, ob Verbesserungen greifen. Wenn das nicht helfe, folge die „schulaufsichtliche Intervention“. wvb.

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