Als Vorsitzender des Landeselternausschusses hatte ich am 11. und 12. Oktober die Gelegenheit an der o. g. Veranstaltung der Architektenkammer unter Führung von Rainer Schweppe, dem ehemaligen Münchner Stadtrat für Bildung und Sport und Leiter der Facharbeitsgruppe Schulraumqualität des Landes Berlin teilzunehmen. Besichtigt wurden insgesamt sechs Schulen, die verschiedene Entwicklungsstadien auf dem Weg zum Münchner Lernhauskonzept darstellen, das als Vorreiter für das Konzept der Berliner Lern- und Teamhäuser bezeichnet werden kann.
Die Bandbreite der Schulen reicht von der „klassischen“ Flurschule, die auch ohne passende Räume versucht nach dem Lernhauskonzept zu arbeiten, geht über die Sanierung von Bestandsgebäuden bei denen Compartments entstanden sind, und endet bei der gelungenen Umsetzung des Konzeptes der „Schule in der Schule“ bei Neubauten.
Grundschule am Ilse-von-Twardowski-Platz
Die erste besichtigte Schule war der Neubau der Grundschule am Ilse-von-Twardowski-Platz. Die Schule repräsentiert den ersten Neubau, der komplett nach dem Münchner Lernhauskonzept errichtet wurde. Die Schule bietet Platz für bis zu 200 Schüler_innen und besteht aus zwei Geschossen mit vier Baukörpern, in denen das Lernhaus, die Mensa, die Sporthalle und die Verwaltung untergebracht sind. Außergewöhnlich waren hier die große Pausenhalle mit einem mechanischen Planetenmodell, das hier den Teil von „Kunst am Bau“ darstellte, und die abwechslungsreich gestalteten und versetzten Schulhöfe.
Auffällig waren hier die großen Fensterflächen an den Gebäudeaußenseiten, die sich in dieser Dimension leider bei den Innenwänden nicht fortsetzten und somit eher wenig Tageslicht in die Foren ließ. Ein interessantes Merkmal waren die mobilen Wände in den Räumen, die genutzt werden können, um diese zu vergrößern oder zu verkleinern. Diese Möglichkeiten werden auch aktiv genutzt. Weitere mobile Wände gab es zum Forum hin. Hier war jedoch erkennbar, dass diese Wände nicht genutzt werden, was auch mit der Handhabbarkeit des Systems zu tun hat.
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Mehr Bilder unter https://www.flickr.com/gp/normanheise/f39185
Links:
https://www.byak.de/planen-und-bauen/projekt/grundschule-am-ilse-von-twardowski-platz-muenchen.html
Gymnasium Trudering
Die zweite Schule war der Neubau des Gymnasiums Trudering. Diese Schule, ursprünglich als Flurschule geplant, konnte „in letzter Minute“ durch unterschiedliche Anpassungen in ein Lernhaus umgewandelt werden. Die Schule bietet Platz für 1.000 Schüler_innen und ist sehr schmal und langgezogen, was zeigt, dass auch auf solch eher schwierigen Grundstücken, guter Schulbau möglich ist. Die Schule verfügt über eine Tiefgarage, da in der umliegenden Gegend, die durch Ein- und Mehrfamilienhäuser geprägt ist, kaum Parkplätze zur Verfügung stehen und die Sporthalle der Schule für Turnierspiele genutzt wird. Ebenfalls ein Highlight ist die für bis zu 500 Personen nutzbare Aula der Schule, die auch für öffentliche Veranstaltungen genutzt wird.
Trotz der eher schmalen und lang gezogenen Bauweise ist ein „luftiges“ Gebäude entstanden. Die Schule ist sehr hell und transparent. Die Innenwände zum Forum sind aus Glas und die Foren werden von den Schüler_innen intensiv genutzt. Es stehen Arbeitsplätze mit abwechslungsreichen Sitzgelegenheiten zur Verfügung. Die Verbindung zwischen den Geschossen erfolgt über Treppenhäuser und sogenannten „Wolkengängen“ als einfache Treppenverbindung zwischen den Etagen, die direkt in die Foren führen.
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Mehr Bilder unter https://www.flickr.com/gp/normanheise/d68Hs0
Links:
https://www.byak.de/planen-und-bauen/projekt/gymnasium-trudering-muenchen.html
Schulzentrum Moosach
Die dritte Schule war das generalinstandgesetzte Schulzentrum Moosach. Hierbei handelt es sich um eine Schule, die umgebaut und erweitert wurde. Das Schulzentrum bietet mit einer Grundschule, einer Realschule und einem Gymnasium rund 2.100 Schüler_innen Platz.
Auffällig an der Schule waren die eher ungewöhnliche Farbgestaltung - die Schulleitung meinte bei der Führung entschuldigend, dass man beim Farbkonzept kein Mitspracherecht hatte - und die riesigen Hallen im Erdgeschoss.
Die vor und teils im Forum platzierten Toiletten, Abstellräume und Schließfachanlagen wirken sehr wuchtig. Es gibt auch in diesem Gebäude jede Menge Glasinnenwände, was die Schule insgesamt sehr hell macht. Der Schulhof war stark versiegelt, sprich es gab riesige Betonböden und sehr wenig Grünflächen.
Auf dem Gelände der Schule stehen noch Containerbauten, die während der Baumaßnahmen als Ausweichstandorte genutzt wurden. Diese konnten ebenfalls besichtigt werden. Im Vergleich zu den schon zuvor besichtigten Schulen wirkten die Räume in den Containern nicht sehr einladend. Besonders die Klassenräume waren eng und eher dunkel.
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Mehr Bilder unter https://www.flickr.com/gp/normanheise/hf410p
Grundschule am Bauhausplatz
Die vierte Schule war der Neubau der Grundschule am Bauhausplatz. Um es mal vorweg zu nehmen: Hier passte (fast) alles! Die fünfzügige Grundschule bietet Raum für Schulunterricht und eine ganztägige Betreuung. Zusätzlich entstanden eine Dreifachsporthalle mit Freizeitsportanlagen sowie im Schulgebäude ein Kindergarten mit drei Krippen- und drei Kindergartengruppen.
Die Schule ist seit August 2017 fertiggestellt und die weiteren Entwicklungsschritte zu der zuerst besuchten Grundschule sind deutlich erkennbar. Es gibt Lichthöfe zur natürlichen Belichtung der Foren, die halbrunden Tonnendecken mit einer Raumhöhe von über drei Metern sorgen für ein angenehmes Raumklima. Die Anordnung der Räume ist durchdacht und alle Räume sind an das Forum angegliedert. Auch hier gibt es mobile Wände, die aktiv genutzt werden und mit Glaselementen versehen sind, was auch im geschlossenen Zustand für Transparenz sorgt. Die Räume sind miteinander durch schmale Fenster optisch verbunden.
Einziger Wermutstropfen ist auch hier der stark versiegelte Schulhof, der allerdings auch schon leichte Tendenzen zur Verbesserung zu den zuvor besuchten Schulen zeigt.
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Mehr Bilder unter https://www.flickr.com/gp/normanheise/92y1C9
Links:
https://www.byak.de/planen-und-bauen/projekt/vier-grundschulen-in-modularer-bauweise-muenchen.html
https://stadt.muenchen.de/infos/grundschule-bauhausplatz.html
https://www.wulfarchitekten.com/projekte/detail/show/vier-grundschulen-in-modularer-bauweise/
http://aln.la/de/neubau-grundschule-bauhausplatz-muenchen/
https://www.archdaily.com/900013/four-primary-schools-in-modular-design-wulf-architekten
Gymnasium München-Nord
Die fünfte Schule war der Neubau des Gymnasiums München-Nord mit einer Eliteschule des Sports. An dieser Schule sticht sofort die „Kunst am Bau“ ins Auge, die als silberne Olympiafackel auf dem Platz vor dem Gebäude steht. Die Schule bietet auf drei Etagen bis zu 1.000 Schüler_innen Platz. Nach Betreten der Schule steht man direkt in einer riesigen Halle, die Mensa, Aula und Veranstaltungsraum in einem ist und über mobile Wände in entsprechende Abteilungen abgetrennt werden kann. Bemerkenswert ist, dass die Räume dann auch akustisch voneinander getrennt sind, was den Preis für die Wände in Höhe von rund 600.000€ erklärt. Die mobilen Wände finden sich auch in den einzelnen Compartments wieder und werden an dieser Schule auch aktiv genutzt.
Viel Glas und Licht, das über Deckenfenster und Lichthöfe ins Gebäude gelangt, prägen auch hier den ersten Eindruck. Es war die erste Schule im Rahmen der Exkursion, die mit einer Lüftungsanlage ausgestattet ist. Das fiel zunächst kaum auf, da die mechanische Belüftung nicht hörbar war und die Lüftungsauslässe sehr gut in die Decken integriert wurden. Ebenfalls positiv bleiben die breiten und bodennahen Fensterbänke in Erinnerung, die zum Sitzen und Verweilen einladen und gleichzeitig Stauraum bieten.
Nicht ganz so gelungen ist die Aufteilung des Compartments. Ein Raum am Eingang zum Compartment ist durch einen Lichthof abgehängt und somit optisch und räumlich getrennt von den weiteren Räumen und wird auch als Ausweichraum bezeichnet. In den vorherigen Schulen waren die Toiletten im Compartment zugänglich. In diesem Gebäude muss man den Bereich verlassen, um zur Toilette zu gelangen.
Beeindruckend waren die Außensportanlagen und die riesige Sporthalle auf Wettkampfniveau, die größtenteils in den Boden versenkt wurde.
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Mehr Bilder unter https://www.flickr.com/gp/normanheise/y0q2e9
Links:
https://www.hoermann.de/portal/portal43/de/schulsport/
Anne-Frank-Realschule
Die letzte Schule war die Anne-Frank-Realschule, die als Mädchenschule 2014 den Deutschen Schulpreis gewonnen hat (http://schulpreis.bosch-stiftung.de/content/language1/html/53437.asp). Vom Preisgeld wurde ein Holzhaus gebaut, in dem die Schülerinnen Gremien- und Projektarbeit durchführen.
Die Gebäude wurden 2002 aufwendig und umfangreich saniert. In der Pausenhalle standen drei Modelle von Schulen zur Ansicht, die Schülerinnen gefertigt haben und zeigen, wie sie sich ihre Wunschschule vorstellen (siehe Bilder).
Es handelt sich um eine klassische Flurschule, die in sogenannter Split-Level-Bauweise errichtet wurde. Das bedeutet, dass das Gebäude mittig in zwei Trakte aufgeteilt ist, die höhenversetzt angeordnet sind. Jeweils eine „halbe Treppe“ höher befindet sich die nächste Ebene.
Es entstand die Frage, warum gerade diese Schule im Programm stand. Die große Gruppe der Architekt_innen wurde in mehrere kleine Gruppen aufgeteilt und durch die Räume und Flure geführt. Spontan ergaben sich verschiedene Ideen, wie man aus der vorhandenen Substanz mit minimalen Grundrissänderungen ein Lernhaus machen könnte. Vielleicht war das ja auch das Ziel des Besuchs.
Das besondere an dieser Schule ist aber das pädagogische Konzept, das durch Lernbüros und Logbücher geprägt ist. Dazu aber mehr unter dem Link zum Deutschen Schulpreis.
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Mehr Bilder unter https://www.flickr.com/gp/normanheise/w7741o
Links:
http://schulpreis.bosch-stiftung.de/content/language1/html/53437.asp
Fazit
Was am Ende hängen bleibt, ist die vielfach gelungene Umsetzung des Münchner Lernhauskonzeptes und damit die Vorstellung, wie Berlins Neubauschulen aussehen könnten. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Wettbewerbsteilnehmenden diese sehr guten Vorbilder als Vorlage nehmen. Diese Beispiele zu nehmen und weiterzuentwickeln, dürfte hoffentlich gewisse „Experimente“ überflüssig werden lassen.
Es ist absolut hilfreich und empfehlenswert, wenn an der nächsten Exkursion vor allem auch die Vertreter_innen der Bezirke, die ja nicht nur in den Jurys der Wettbewerbe sitzen, sich einen Eindruck über Machbares und Nachahmenswertes verschaffen. Gleiches gilt für die Geldgebenden aus der Senatsverwaltung für Finanzen. Man muss die Gebäude erleben, um zu verstehen, warum hohe Decken notwendig sind, warum man viel Platz und hochwertige Materialen braucht.
Neubauten nach dem Konzept der Berliner Lern- und Teamhäuser dürfen kein Sparmodell werden.
Eine Teilnahme an der nächsten Exkursion ist hier aus den vorgenannten Gründen dringend angeraten. Vertreter_innen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen haben an der Exkursion der Facharbeitsgruppe Schulraumqualität nach München teilgenommen. Die zweitägige Exkursion ist jedoch nochmal ausführlicher und zeigt mehr Schulen. Daher auch hier die Empfehlung zur Teilnahme an der nächsten Exkursion der Architektenkammer im Februar 2019. Die HOWOGE war mit fünf Vertreter_innen dabei.