Das Thema Schulwegsicherheit ist dauerhaft aktuell, es gibt in Berlin viel zu viele Wegeunfälle von Schüler*innen in Berlin (laut Daten der Unfallkasse 2022 durchschnittlich mehr als zehn Wegeunfälle von Schüler*innen pro Unterrichtstag).
Nach der Verabschiedung des Fußweg-Teils des Mobilitätsgesetzes (MobG) im Februar 2021 sollte zwei Jahre später – also zum Februar 2023 – seitens des Senats ein Konzept für das schulische Mobilitätsmanagement (vgl. MobG § 17a (3), siehe https://gesetze.berlin.de/perma?j=MobG_BE_!_17a) vorliegen. Dies ist jedoch noch nicht der Fall (Stand September 2023).
Referentin: Steffi Windelen, Koordinierungsstelle Rad- und Fußverkehr bei der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU)
Das Thema schulisches Mobilitätsmanagement soll als Regelaufgabe im Land Berlin verankert werden. SenMVKU arbeitet dazu eng mit SenBJF, mit den Bezirken und vielen weiteren Akteur*innen zusammen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sollte das Konzept für das Mobilitätsmanagement für Schulen und Kitas in Berlin (MMSK) eigentlich schon verabschiedet sein. Seit 2022 ist die Firma Ramboll Deutschland als Dienstleister für diesen Auftrag gebunden. Den Senatsverwaltungen liegt ein Entwurf des Konzepts vor, der sich gegenwärtig im Prozess der internen Abstimmung befindet. Der politische Wechsel im Frühjahr hat den Prozess insofern verzögert, als dass das Projekt und das weitere Verfahren mit der neuen Hausleitung der SenMVKU abgestimmt werden musste. Das ist nun geschehen. Im Spätherbst soll der Konzeptentwurf im projektbegleitenden Beteiligungsgremium vorgestellt werden.
Schulwegpläne sind ein Teil (eine Maßnahme) des Mobilitätsmanagements und im Mobilitätsgesetz verankert (§17a, siehe https://gesetze.berlin.de/perma?j=MobG_BE_!_17a). Im Rahmen des MMSK wird der Dienstleister eine Arbeitshilfe erarbeiten, die Empfehlungen für die Erstellung und Gestaltung von Schulwegeplänen beinhaltet. Damit will das Land Berlin sicherstellen, dass alle Schulwegpläne in Berlin in einheitlicher Form und Gestaltung, nach gleichen Qualitätsstandards und vereinheitlichten Prozessen in gleicher Regelmäßigkeit erstellt und veröffentlicht werden.
In den Bezirken wurde die Erstellung von Schulwegplänen bisher sehr unterschiedlich gehandhabt. Weiterhin waren Schulwegpläne vielfach nicht vorhanden, nicht bekannt oder veraltet. Manche Bezirke wünschen sich eine Hilfestellung, wie Schulwegpläne auf der Basis aktueller fachlicher Standards erarbeitet werden sollten.
Ein erster Entwurf der Arbeitshilfe für Schulwegpläne soll im Dezember vorliegen. SenMVKU schätzt es als sehr hilfreich ein, wenn dieser Entwurf auch seitens des Landeselternausschusses kommentiert werden wird. Hinweise sind willkommen – beispielsweise auch zum Thema Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, also zu der Frage: Wie können Schulwegpläne am besten bei den Familien / Eltern bekannt gemacht werden?
Frage: Es gibt einige Bezirke, die Schulwegpläne haben und diese weiterhin nutzen wollen. Wie steht SenMVKU dazu?
Antwort: Die Zuständigkeit für die Schulwegpläne ist durch das Mobilitätsgesetz (§17a, siehe https://gesetze.berlin.de/perma?j=MobG_BE_!_17a) bei den Bezirken verankert. Bereits vor einigen Jahren wurden Schulwegpläne durch einen Träger für Arbeitsförderung erarbeitet (CÖGA mbH), diese sind zum Teil nicht mehr aktuell. Anfang 2023 wurde ein anderer Träger von neun Bezirken beauftragt, Schulwegpläne zu erarbeiten, und zwar ebenfalls im Rahmen einer Maßnahme der Arbeitsförderung (Steremat gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft mbH). Aus den Bezirken kam allerdings der Hinweis an SenMVKU, dass die Bezirke sich eine Arbeitshilfe wünschen, die den Träger dabei unterstützt Schulwegpläne zu erstellen.
Viele der bislang vorliegenden Pläne bieten aus Sicht von SenMVKU Optimierungspotenzial. Darüber hinaus macht das MobG die Vorgabe, dass Schulwegpläne mit Beteiligung erstellt werden (z.B. über die schulischen Gremien). Es gibt aktuelle fachliche Empfehlungen und gute Praxisbeispiele in Berlin und aus anderen Städten.Daher soll jetzt die vorgenannte Empfehlung für das Land Berlin entwickelt werden.
Referent: Steffen Reinecke, Vorsitzender Bezirkselternausschuss (BEA) Lichtenberg
Das Mobilitätsgesetz hat einen umfassenden Ansatz zum Thema Schule, Mobilität und Schulwegsicherheit. Der BEA Lichtenberg beschäftigt sich schon länger mit dem Thema und hat dazu ein eigenes Schulwegportal entwickelt: https://www.schulwegportal.de/
Aktivitäten an den Schulen
Es gibt eine Reihe von Schulen, die sich recht intensiv mit dem Thema eines schulspezifischen Mobilitätskonzepts beschäftigen. In Berlin leben viele Eltern, die in diesem Bereich arbeiten oder sich ehrenamtlich in diesem Feld engagieren. Das ist ein großer Vorteil für die Schulen, da häufig viel (Eltern-) Expertise an der Schule vorhanden ist.
Das Mobilitätsgesetz empfiehlt allen Schulen die Bildung eines Gremiums für Mobilität, an denen es Hinweise auf Probleme mit der Schulwegsicherheit gibt (MobG §17a (5), siehe https://gesetze.berlin.de/perma?j=MobG_BE_!_17a). Dieses Kriterium dürfte bei genauer Betrachtung auf sehr viele Schulen zutreffen. Entsprechend empfiehlt es sich, über die Schulkonferenz einen entsprechenden Antrag einzubringen und ein solches Gremium an der Schule zu gründen. An vielen Schulen haben sich hierfür bereits engagierte Eltern und Pädagog*innen gefunden, vielfach sind auch Schüler*innen mit dabei, auch Schulleitungen beteiligen sich.
Die Aufgaben des Gremiums sind im MobG nicht genau vorgegeben Daher kann sich hier jede Schule auf ihren eigenen Weg machen. Dafür ist wichtig, in der Schule miteinander zu klären: Was bedeutet für uns als Schulgemeinschaft Mobilität? Welche Elemente sind für uns in der Schule besonders wichtig? Zahlreiche Beispiele, Vorschläge, Themen siehe auf der Website des BEA Lichtenberg: https://www.schulwegportal.de/#diy
Wenn im Gremium ein*e Sprecher*in gewählt wird, kann das Gremium relativ eigenständig arbeiten – was der Schule ermöglicht, sich mit mehreren „großen“ Themen gleichzeitig zu beschäftigen. Darüber hinaus stellt ein solches schulisches Gremium auch nach außen hin mehr dar als „nur“ eine einzelne Person, die sich innerhalb der Schule um ein Thema kümmert. Auf diesem Weg kann ein schulisches Mobilitätsgremium für die Schule wichtigen Einfluss auf Entscheidungen nehmen, die außerhalb der Schule getroffen werden – beispielsweise wenn es um Priorisierungen für Schulwegsicherheit bei Abwägungsentscheidungen im Verkehrswesen geht: „Bei der Prüfung von Vorschlägen der Gremien durch zuständige Stellen des Landes Berlin ist in Abwägungsentscheidungen der Schulwegsicherheit grundsätzlich die höchste Priorität einzuräumen.“ (MobG §17a (5) Satz 5, siehe https://gesetze.berlin.de/perma?j=MobG_BE_!_17a)
Schülerlotsen beispielsweise sind ein größeres Projekt an sich, das unbedingt gemeinsam mit der Polizei bzw. der/dem dortigen Präventionsbeauftragten entwickelt werden sollte. Für die Polizei sind erfahrungsgemäß feste Ansprechpersonen an der Schule wichtig.
Darüber hinaus kann das schulisches Mobilitäts-Gremium auch ein Ausgangspunkt für benachbarte Themen in der Schule sein, z.B. Nachhaltigkeit, Klimaschutz, …, denn Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung gehören – gemeinsam mit weiteren wichtigen Themen – zu den übergreifenden Bildungs- und Erziehungsaufgaben der Schule (SchulG §12 (4), siehe https://gesetze.berlin.de/perma?j=SchulG_BE_!_12).
Schulisches Mobilitätskonzept vs. schulspezifisches Mobilitätskonzept
Es ist wichtig, die ähnlichen Begriffe auseinander zu halten. Das schulische Mobilitätskonzept erstellen die Senatsverwaltungen (siehe oben).
Das schulspezifische Mobilitätskonzept bezieht sich auf die einzelne Schule. Es umfasst auch Prävention und Verkehrserziehung und ist Teil des Schulprogramms, ähnlich wie das Kinderschutzkonzept, Grundsätze der Demokratiebildung und anderes mehr (SchulG §8 (2) Nr. 13, siehe https://gesetze.berlin.de/perma?j=SchulG_BE_!_8).
In allen Fällen, die im BEA Lichtenberg persönlich bekannt sind, ist das Elternengagement die treibende Kraft bei der Entwicklung des schulspezifischen Mobilitätskonzepts. Es ist aber keine Schule bekannt, an der dieses Konzept bereits fertiggestellt ist.
Schulwegpläne
Die Situation in den Bezirken ist unterschiedlich, in einigen Bezirken gibt es Schulwegpläne (unterschiedlich viele, nicht immer für alle Schulen), in anderen Bezirken gibt es noch keine Schulwegpläne. Sie sollten für alle Schulen der Jahrgänge 1 bis 6 existieren – also für Grundschulen, Gemeinschaftsschulen und für grundständige Gymnasien. Beispiele für bestehende Schulwegpläne in Lichtenberg finden sich hier: https://berlin.schulwegportal.de//#swp
Wichtig ist, dass ein Schulweg-Stadtplan spezifisch so gestaltet ist, dass Kinder ihn gut verstehen können. So sind zum Beispiel für Kinder markante Orientierungspunkte wichtig – Spielplätze etwa, oder bekannte Supermärkte. Ausrufezeichen weisen auf besondere Gefahrenstellen hin.
Schulwegpläne sollen gut sichtbar für alle Schulmitglieder in der Schule ausgehangen werden, damit alle sie nutzen können. Das BA Lichtenberg hat die bestehenden CÖGA-Pläne auch auf die Bezirksseite genommen – das kann man auch in anderen Bezirken anfragen: https://www.berlin.de/ba-lichtenberg/politik-und-verwaltung/beauftragte/klimaschutz/mobilitaetsprojekte/artikel.1183929.php
Schulwegpläne veralten mit der Zeit. Sie sind dann nicht mehr aktuell und entsprechen auch nicht mehr veränderten Einschulungsbereichen. Dementsprechend müssen Schulwegpläne immer wieder aktualisiert werden.
Neuer, interaktiver Schulwegplan des BEA Lichtenberg, in der Beta-Phase
Für den Bezirk Lichtenberg gibt es jetzt einen neuen, interaktiven Schulwegplan, der in einer Beta-Phase jetzt öffentlich zugänglich ist: https://www.schulwegportal.de/#map
Die Applikation zur Darstellung der Daten hat der Vorsitzende des BEA Lichtenberg selbst entwickelt. Alle Daten stammen aus öffentlich zugänglichen Datenbanken (Quellen siehe Link unten an der Seite), die zugrunde liegende Karte beruht auf OpenStreetMap-Daten. In der Karte sind unter anderem Unfälle mit Personenschäden der letzten fünf Jahre eingezeichnet, ebenso Hinweise zu besonderen Gefahrenstellen. Das System ist auch mobil nutzbar.
Die Schulwegberechnung schlägt den Schulweg zur Grundschule im Einschulungsbereich vor. Dabei werden nur Fußwege genutzt (im Unterschied zu vielen gängigen Routenplanern).
Es gibt auch eine Hinweis-Funktion.
Die Karte bietet bislang allerdings nur wenige Orientierungspunkte für Kinder, und auch manche Symbole sind eher für Erwachsene verständlich. Hier steht noch Entwicklung aus, es handelt sich ausdrücklich um eine noch nicht fertiggestellte Anwendung. Kindgerechte Orientierungspunkte können zukünftig hinzugefügt werden. Auch eine Ausdruck-Funktion ist grundsätzlich denkbar. Weitere geplante Vorhaben (für Karte und Website) siehe Roadmap: https://www.schulwegportal.de/#roadmap
Das System ist technisch so gebaut, dass eine Übertragung in andere Bezirke grundsätzlich möglich ist – der BEA Lichtenberg stellt es gerne anderen Bezirken zur Verfügung. Die Übertragung ist allerdings keine rein technische Aufgabe, sondern es müssen zum Beispiel Bewertungen und die Kennzeichnung von Gefahrenstellen vorgenommen werden, und eine Reihe weiterer Fachaufgaben – das ist eine Arbeit, die am besten von einem Gremium mit unterschiedlichen vertretenen Perspektiven gemacht wird.
AG Schulwegsicherheit im Bezirk Lichtenberg
Im Bezirk existiert eine AG Schulwegsicherheit, die viermal jährlich tagt; die Termine werden im Sinne einer guten Planbarkeit jährlich im Voraus festgelegt.
Die AG wurde nach einem (älteren) Beispiel aus dem Bezirk Pankow ins Leben gerufen. Dazu hat der BSB Lichtenberg einen entsprechenden Beschluss gefasst, diesen der Politik vorgelegt – und stieß auf offene Ohren, da viele sich hinter diesem unterstützendeswerten Ziel versammeln konnten und können. Auf dieser Basis fiel beschloss die BVV Lichtenberg dann die Einrichtung der bezirklichen AG Schulwegsicherheit.
Mitglieder und regelmäßig Mitwirkende in der AG sind: beide Polizeiabschnitte im Bezirk, alle polizeilichen Präventionsbeauftragten im Bezirk, das Straßen- und Grünflächenamt, das Schulamt, die zuständigen Bezirksstadträt*innen, Vertreter*innen der bezirklichen Schulgremien, und andere.
In jeder AG-Sitzung werden drei bis vier Schulstandorte genau betrachtet. Die Maßnahmen an den einzelnen Schulen sind sehr unterschiedlich. Für verkehrliche Maßnahmen sind unterschiedliche Ämter zuständig (z.B. abhängig davon, ob eine Maßnahme eine übergeordnete oder eine nicht übergeordnete Straße betrifft). Die AG bearbeitet ganz unterschiedliche Themen, z.B. auch die Nutzbarkeit von Dialogdisplays (Feedback zur Fahrgeschwindigkeit). Wichtig ist immer nachzuhalten, ob Vereinbarungen aus den vorangegangenen Sitzungen umgesetzt worden sind.
Fazit: In Lichtenberg ist die AG Schulwegsicherheit ein sehr gutes und wirksames Gremium.